- Weltweite Insolvenzen steigen im Jahr 2022 voraussichtlich um 10 %, im Jahr 2023 um weitere 14 %.
- Schweiz: Die Normalisierung der mit dem Ende der Covid-19-Hilfen erwarteten Insolvenzzahlen bestätigen sich.
- Der Krieg in der Ukraine und erneute Lockdowns in China beschleunigen Insolvenzzahlen in der zweiten Jahreshälfte.
Wallisellen, 18. Mai 2022 – Das weltweite Insolvenzgeschehen normalisiert sich langsam wieder. Nach zwei Jahren mit stark sinkenden Fallzahlen, dürften die Pleiten sukzessive wieder das Niveau von vor der Pandemie erreichen. Der weltweit führende Kreditversicherer Allianz Trade erwartet in seiner aktuellen Studie weltweit einen Zuwachs der Insolvenzen von +10 % im Jahr 2022 und weiteren +14 % im Jahr 2023 – unter der Voraussetzung, dass keine neue Welle an staatlichen Unterstützungsmassnahmen folgt.
„Die Insolvenzentwicklung war in den vergangenen Jahren durch die staatlichen Unterstützungsmassnahmen von der wirtschaftlichen Entwicklung weitestgehend entkoppelt und Fallzahlen auf einem künstlich niedrigen Niveau“, sagt Maxime Lemerle, Experte für Insolvenzprognosen bei Allianz Trade. „Jetzt dürften sich Fallzahlen wieder langsam dem Vorkrisenniveau annähern. Allerdings bringen der Krieg in der Ukraine und neue Lockdowns in China den Joker des „koste es, was es wolle“ zurück: Die Rückkehr umfangreicher staatlicher Unterstützung für Unternehmen könnte die vollständige Normalisierung von Unternehmensinsolvenzen erneut verzögern.“
Nach rekordtiefen Insolvenzen steigen die Zahlen in der Schweiz
Nach einem beispiellosen Rückgang der Insolvenzen im Jahr 2020 (-19 %) verzeichnete die Schweiz bereits 2021 eine Aufwärtstrendwende (+5 %). Diese jährliche Erholung spiegelt jedoch hauptsächlich den Basiseffekt wider, der durch die aussergewöhnlich niedrige Zahl von Insolvenzen in Q2 und Q3 2020 (1002 bzw. 1152 Fälle) entstanden ist. De facto kehrten die Insolvenzen in den folgenden Quartalen schnell auf ein höheres Niveau zurück, das bis zum 3. Quartal 2021 mit rund 1250 Fällen quasi stabil blieb, d.h. unter dem jeweiligen Niveau von 2019. Dies widerspiegelt die vom Bund eingeführten Unterstützungsmassnahmen wie z. B. die Arbeitslosenprogramme, die es den Unternehmen ermöglichen, den durch die Pandemie verursachten wirtschaftlichen Schock zu verkraften und eine Liquidation zu vermeiden.
Die ersten verfügbaren Zahlen für 2022 bestätigen, dass die mit dem Auslaufen der Covid-19-Hilfen erwartete Normalisierung der Insolvenzzahlen seit Ende 2021 im Gange ist, mit einem spürbaren Anstieg im vierten Quartal (+11 % gg. Vj. auf 1474 Fälle), der sich im ersten Quartal 2022 verstärkte (+37 % gg. Vj.) und nur um 8 Insolvenzen (1646 Fälle) einen neuen Quartalsrekord verfehlte.
„Wir gehen davon aus, dass der neue Gegenwind aus dem Krieg in der Ukraine und den erneuten Lockdowns in den grössten und wirtschaftlich wichtigsten Städten Chinas in der zweiten Jahreshälfte zu einer gewissen Beschleunigung der Insolvenzzahlen führen wird. In diesem Basisszenario könnte die Schweiz das Jahr 2022 mit 6170 Insolvenzen (d.h. einem Anstieg von +20 %) beenden, mit einem hohen Risiko, 2024 einen neuen Rekord zu erreichen, der derzeit auf 6450 Fälle geschätzt wird“, bemerkt Jan Möllmann, Co-CEO ad interim Allianz Trade Switzerland.
Internationale Entwicklung sehr heterogen – Normalisierung auf Vor-Pandemie-Niveau
Weltweit dürfte jedes dritte Land 2022 das Vorkrisenniveau bei den Insolvenzen erreichen, 2023 dürfte es jedes zweite Land sein. Auch in Westeuropa dürften sich die Fallzahlen 2023 insgesamt wieder dem Stand von vor der Pandemie annähern, auch wenn es grosse regionale Unterschiede gibt.
Allianz Trade erwartet 2022 einen weiteren Anstieg der Insolvenzen in Italien und Spanien (je +8 %), wenn auch weniger stark als noch 2021, als die Fallzahlen mit +19 % beziehungsweise +30 % bereits deutlich in die Höhe schnellten.
Den grössten Zuwachs bei den Insolvenzen erwartet der Kreditversicherer in Westeuropa in Österreich (+63 %), Irland (+40 %), Belgien (+39 %), Grossbritannien (+37 %), den Niederlanden (+24 %), Griechenland (+23 %), der Schweiz (+20 %), Schweden (+19 %) sowie in Dänemark (+15 %) und Frankreich (+15 %). Weltweit fällt vor allem die erwartete Entwicklung in Hongkong (+0 %), China (+1 %) sowie Indien (+49 %) auf.
„In einigen Ländern sehen wir einen starken Anstieg der Insolvenzen“, sagt Lemerle. „Allerdings sind in den meisten Fällen dort zuvor die Insolvenzen auch sehr stark gesunken. Der deutliche Anstieg ist häufig eine Normalisierung auf das Vor-Pandemie-Niveau wie beispielsweise in Österreich und der Schweiz oder auch in Belgien und Grossbritannien.“
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