- Weltweiter Anstieg der Insolvenzfälle 2017 um voraussichtlich 1% markiert Trendwende
- Schäden durch Grossinsolvenzen auf dem Vormarsch: 45% mehr Insolvenzen bei Firmen mit über 50 Millionen Euro Umsatz in den ersten neun Monaten 2016
- 2016 steigende Unternehmenskonkurse in der Schweiz, für 2017 Stagnation erwartet
- Auch in Schwellenländern fast überall wachsende Kreditrisiken; erwartete 2-3 Zinserhöhungen der Fed erhöht Risiken dort zusätzlich USA: Trotz angekündigter Finanzspritzen mehr Insolvenzen, Handelsbarrieren könnten 2017 ein entscheidender Faktor für Weltwirtschaft sein
Wallisellen, 18. Januar 2017 - Nicht nur in der Schweiz zeichnet sich mit stagnierenden Pleitezahlen 2017 voraussichtlich eine Trendwende ab, sondern auch auf dem globalen Firmenparkett: In seiner aktuellen Studie „Insolvencies: The tip of the iceberg“ kommt der Weltmarktführer Euler Hermes zu dem Schluss, dass die Zahl der weltweiten Insolvenzen 2017 um 1% ansteigen dürfte. Haupttreiber dieses Anstiegs sind negative Prognosen für Lateinamerika (+12% Insolvenzen in 2017), Afrika (+9%), Asien-Pazifik (+6%) sowie Nordamerika (+1%).
„Das ist der erste Anstieg von weltweiten Insolvenzen seit sieben Jahren“, sagt Ludovic Subran, Cheföko-nom der Euler Hermes Gruppe. „Das hat sich in den letzten Jahren bereits abgezeichnet: Der rückläufige Trend hat sich zunehmend abgeschwächt und dreht sich nun. Der Anstieg ist mit einem Prozent zwar relativ moderat. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Beunruhigend ist vor allem der Trend der deut-lich steigenden Schäden durch Pleiten, der noch fast unbemerkt unter der Wasseroberfläche liegt. In den ersten drei Quartalen 2016 haben wir 45% mehr Grossinsolvenzen verzeichnet als im Vorjahreszeitraum. Dies führt zu einem negativen Schneeballeffekt, der sich auch 2017 fortsetzen wird.“
Die Weltwirtschaft wächst zwar um rund 2,8%, aber das Wachstum ist nicht stark genug, um einen An-stieg von Insolvenzen zu verhindern. Auch langfristig wird das Wachstum des weltweiten Bruttoinlands-produkts unter der 3%-Marke bleiben.
Schweiz: nach steigender Anzahl Konkurse im 2016, Stagnation im 2017
Mit der Freigabe des Wechselkurses des Schweizer Frankens zum Euro im Januar 2015 und dem daraus resultierenden Aufwertungsschock für die Exportindustrie endete in der Schweiz die Phase rückläufiger Firmenkonkurse. Der Trend steigender Unternehmenskonkurse setzte sich 2016 fort: Nach einem Anstieg um 7% im Jahr 2015 stieg die Zahl der Konkurse bis Ende November 2016 um weitere 5%. Besonders betroffen sind die Romandie, das Tessin und die Ostschweiz. In der Zentralschweiz sind die Zahlen dage-gen rückläufig.
„Für 2017 erwartet Euler Hermes für die Schweiz eine gleichbleibende Zahl an Konkursen. Nach einer zweijährigen Anpassungs- und Konsolidierungsphase hat sich die Exportwirtschaft besser auf die anhal-tende Frankenstärke eingestellt“, sagt Stefan Ruf, CEO von Euler Hermes Schweiz. „Auch wirken die Konjunkturaussichten insgesamt stabilisierend auf die Anzahl der Firmenpleiten. Die Entwicklung in den einzelnen Branchen ist allerdings differenziert zu betrachten: Die Bauindustrie ist nach wie vor geprägt von einer hohen Konkursrate. Darüber hinaus stufen wir aber auch die Metallindustrie und den Detailhandel als besonders kritisch ein.“
Bei zwei der fünf wichtigsten Schweizer Handelspartner steigen die Insolvenzen an: in China (+10%) und den USA (+1%). In Deutschland stagnieren sie und in Frankreich (-7%) und Italien (-5%) hingegen sind sie rückläufig.
In den Schwellenländern, in denen Schweizer Exporteure ebenfalls Wachstumschancen wahrnehmen, zeichnen sich auch deutlich steigende Ausfälle ab: Noch vor China (+10%) liegen 2017 Brasilien und Sin-gapur mit je +15%, die beide stark vom chinesischen Markt abhängig sind.
Chile (+12%), Marokko (+8%), Taiwan und Hongkong sowie Südafrika und die Türkei (jeweils +5%), Russland, Luxemburg und Polen (jeweils +3%), Kanada (+2%), Österreich und Japan (jeweils +1%) ver-zeichnen ebenfalls einen Anstieg bei den Insolvenzen.
Gründe für Insolvenzen und steigende Schäden variieren lokal und global
Die Gründe für die Trendwende bei Insolvenzen sind die schwache Weltwirtschaft, das sinkende Wachs-tum des Welthandels, starker Preiswettbewerb und volatile Währungen. Umsätze und Margen geraten dadurch zunehmend unter Druck. In einigen Branchen, vor allem im Handel und Einzelhandel, fehlt es deshalb an der notwendigen Finanzkraft für Investitionen, beispielsweise in die Digitalisierung. In anderen Branchen kämpfen Unternehmen mit Überkapazitäten und entsprechendem Preisverfall (z.B. Rohstoffe, Stahl).
Finanzierung wird teurer: Zwei bis drei Zinsanhebungen der Fed pro Jahr erwartet
Hinzu kommt die zu erwartende Verschlechterung der weltweiten Finanzierungsbedingungen durch weitere Zinserhöhungen der amerikanischen Notenbank.
„Wir rechnen mit zwei bis drei Zinserhöhungen der Federal Reserve (Fed), sowohl 2017 als auch 2018“, sagt Subran. „2019 dürfte das Zinsniveau dann bei etwa 3% liegen. Das verteuert Finanzierungen in den USA, und die historisch hohe Verschuldung gerät unter Druck. Im Ausland geraten viele eher anfällige Regionen und Unternehmen in Gefahr, vor allem in den Schwellenländern. Südamerika und dort insbe-sondere brasilianische Firmen sind beispielsweise gefährdet. Aber auch die Türkei und einige asiatische Länder wären davon erheblich betroffen.“
Weltweit dürfte die Rückkehr zu moderater Inflation Unternehmen auf der Umsatzseite nur sehr einge-schränkt entlasten. Gleichzeitig stehen sie vielerorts steigenden Beschaffungskosten und Lohnkosten gegenüber sowie den schwierigeren Finanzierungsbedingungen.
USA: Insolvenzanstieg trotz angekündigter Finanzspritzen und Protektionismus
„In den USA erwarten wir trotz der angekündigten Finanzspritzen für die nationale Wirtschaft einen leichten Anstieg der Insolvenzen“, sagt Subran. „Nicht alle Branchen werden von den angekündigten Massnahmen profitieren. Die Aufwertung des US-Dollars trifft vor allem die amerikanischen Exporteure. Dabei macht die strengere Geldpolitik allen Branchen zu schaffen, nicht nur denjenigen mit besonders hohem Verschuldungsgrad, wie zum Beispiel dem Maschinenbau. Bei den angekündigten protektionistischen Massnahmen gehört der Metallsektor vermutlich zu den Gewinnern, die Textilbranche hingegen zu den Verlierern mit hohen Importzöllen von bis zu 32%.“
Handelsbarrieren sind jedoch in Zeiten der Globalisierung nicht nur in den USA ein Problem.
„Zunehmende protektionistische Massnahmen und Handelsbarrieren machen Exporte vielerorts noch komplexer und teurer“, sagt Ruf. „Dies könnte ein entscheidender Faktor sein, der die Weltwirtschaft 2017 prägt.“
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